Nach einem Herzinfarkt dauert es oft lange Zeit, bis Betroffene wieder ins Leben zurückfinden. Dass dieser Weg etwas einfacher wird, dafür sorgt die Herzsportgruppe des TSV Westerland, die am Samstag, 29. Juni, bereits ihr 30. Jubiläum feierte. 1989 hat Trainerin Ingrid Kranz-Kahle zusammen mit Dr. Hans-Joachim Zielinski die erste Übungsstunde abgehalten. Dass ein Herzinfarkt nur gestresste Manager oder Menschen über 60 Jahre treffen kann, sei ein Irrglaube, so die gelernte Krankenschwester: „Tatsächlich sind es Leute, die mitten im Leben stehen und schlagartig, ohne Vorwarnung, aus demselben herausgerissen werden.“ Ein Herzinfarkt, ein Bypass, eine neue Herzklappe oder ein Stent: Die häufigsten Diagnosen der Herzsport-Teilnehmer.
Die Leistungsgesellschaft mit den Attributen „höher, schneller, weiter“ sorgt dafür, dass die neuen Teilnehmer der Herzsportgruppe immer jünger werden. Mittlerweile reicht die Altersspanne der Betroffenen bis in die Lebensmitte hinein: So ist der jüngste Herzsportler im TSV Westerland 45 Jahre, der älteste 85 Jahre alt. Um diese Menschen als Trainer auf dem oftmals langen Weg zurück in den Alltag zu begleiten, verlangen die Krankenkassen eine Lizenz. „Die Ausbildung dauert zwei Jahre“ berichtet Ingrid Kranz-Kahle. Zudem sind regelmäßige Fortbildungen auf dem Festland und medizinisches Know-How notwendig, „daher gestaltet es sich mehr als schwierig, eine Vertretung oder Nachfolge zu finden, zumal es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt.“ Zusätzliche Trainer werden aber dringend benötigt, betonte auch Vereinsvorsitzender Hans Wilhelm Hansen: „Die Teilnehmerzahl von 55 Personen zeigt, dass es eine sehr erfolgreiche, aber auch sehr notwendige Gruppe ist.“ Seit 15 Jahren ist Dr. Henning Bachmann begleitender Mediziner der Herzsportgruppe – zumindest der Hausarzt hat mit Dr. Frank Brauer eine Vertretung für den Herzsport. „Wir haben immer einen Notfallkoffer und einen Defibrillator mit dabei“, erklärt Henning Bachmann, doch in 30 Jahren habe es – glücklicherweise – keinen größeren Zwischenfall gegeben. „Um bei der Herzsportgruppe teilzunehmen, ist eine ärztliche Verordnung nötig. Die Krankenkasse muss diese genehmigen und übernimmt dann auch die Kosten für das Training.“
Mit viel Spaß, langen Gesprächen und großem Gruppenzusammenhalt ist dann die Kräftigung und Mobilisation des Körpers für die Wiedereingliederung in ein neues, anderes und unbeschwerteres Leben gegeben. Neben den wöchentlichen Trainingseinheiten in der Sporthalle der St. Nicolai Schule finden im Sommer, wenn die Halle geschlossen ist, auch viele andere Aktivitäten statt. Für das Sommerprogramm stehen unter anderem gemeinsames Grillen und Boulespielen auf dem Plan. Auch die Partner der Teilnehmer dürfen im Sommer mit dabei sein: Bei Strandspaziergängen, Wattwanderungen und vielen weiteren Ausflügen. „Das ist immer schön: Man lernt sich untereinander kennen und kann sich austauschen.“
Von großem Gruppenzusammenhalt berichtete auch Herzsport-Mitglied Dietrich Böhme in seiner Ansprache auf der Jubiläumsfeier bei einem gemeinsamen Frühstück in der Bäckerei Ingwersen: „Wir treiben nicht nur gemeinsam Sport, wir sind in 30 Jahren auch zu einer Gemeinschaft und zu Freunden zusammengewachsen. Dafür möchte ich allen Kameradinnen und Kameraden recht herzlich danken.“ Der Wahl-Sylter lebt seit 61 Jahren auf der Insel und ist seit dem ersten Treffen im Jahr 1989 dabei.